Wien/Boston – Biomarker im Serum können dazu dienen, den Verlauf einer Multiplen Sklerose abzuschätzen. Das berichtet eine US-amerikanische Arbeitsgruppe auf dem Kongress der European Academy of Neurology (EAN) vom 25. bis 28. Juni in Wien (Lancet Neurology, DOI: 10.1016/S1474-4422(22)00009-6).
Die Forschenden konzentrierten sich auf die Neurofilament-Leichtkette (sNfL) und das gliale fibrilläre saure Proteins (sGFAP) im Serum.
Beide Substanzen haben die Wissenschaftler bei 259 progressiven MS-Patienten analysiert – und zwar innerhalb von 6 Monaten, nachdem der „Expanded Disability Status Scale“ (EDSS) erstmals den Wert von 3 oder darüber erreichte. Der EDSS ist ein Score, der den Grad der Behinderung von Menschen mit MS beschreibt. Er reicht von 0 bis 10.
„Der Ausgangswert von sNfL war bei progressiven Patienten mit Krankheitsaktivität in den ersten 2 Jahren der Nachbeobachtung und während der gesamten verfügbaren Nachbeobachtungszeit höher“, berichten die Forscher.
Die sGFAP-Basisspiegel waren positiv mit einem höheren Risiko einer nach 6 Monaten bestätigten Krankheitsprogression verbunden. Dieser Zusammenhang war bei Patienten mit niedrigem sNfL-Wert stärker ausgeprägt. Erhöhte sNfL-Werte waren zudem mit einem zukünftigen kognitiven Abbau verbunden.
Zusammengefasst waren höhere sGFAP-Werte ein Indikator für die Progression, während sNfL die akute Krankheitsaktivität in der progressiven MS-Kohorte widerspiegelten. „Somit können die sGFAP- und sNfL-Werte zur Stratifizierung progressiver MS-Patienten bei der Aufnahme in klinische Forschungsstudien und klinische Versuche verwendet werden“, folgern die Wissenschaftler.
Eine europäische Arbeitsgruppe um die Erstautoren Pascal Benkert und Stephanie Meier hatte in diesem Frühjahr ebenfalls berichtet, dass sNfL zur Überwachung der Krankheitsaktivität und des Ansprechens auf Medikamente sowie zur Prognose des Krankheitsverlaufs bei MS behilflich sein könnte – auch auf individueller Ebene. © hil/aerzteblatt.de